Warum ich mit so wirkungsvollen Namen für das Muldenstädtchen werbe, als ob ich an dieser Stelle in Wettbewerb mit der so oft marktschreierischen Reklame mancher Verkehrsverbände treten wollte? Nun, lieber Heimatfreund, nur, weil ernstlich
zu befürchten ist, daß man auch im sächsischen Burgenland versucht, die falschen Wege zur Hebung des Verkehrs einzuschlagen, die wir anderweit als so verhängnisvoll für den Heimatschutzgedanken haben erkennen müssen: Man glaubt, einzig und allein die fehlende Autototalstraße werde den ersehnten, bei dem Darniederliegen der Industriebetriebe doppelt notwendigen Fremdenstrom bringen - man setzt alles daran, diese Straße zu bekommen, die sicherlich den Autodurchgangsverkehr durch das Tal leitet, freilich ohne den Orten die erwünschte Einnahmequelle zu verschaffen: Ist aber erst einmal das malerische Muldental durch einen (übrigens im Interesse des Wirtschafts- und Überlandverkehrs völlig überflüssigen) Straßenbau beeinträchtigt, dann hilft uns alles Jammern nichts mehr. Wir wissen doch alle nur zu gut, wie wenig gerade der Ortsansässige das an seiner Heimat zu bewerten vermag, was den
ernsten Menschen am tiefsten fesselt und veranlaßt, immer wieder Erholung und Erhebung an den Schönheiten, die Natur und künstlerisches Menschenwerk uns bieten, zu suchen. Oder würden uns die „rührigen“ Kräfte sonst überall im Lande, wo der Großstädter Erfrischung an der unberührten Natur sucht, kümmerliche Abklatsche eines Großstadtrummels vorzusetzen wagen! Und mit
welchem Unverstand werden noch heute im Lande von kurzsichtigen Spießern Kultur- und Naturdenkmale vernichtet, die sich anderweit als melkende Kuh des Fremdenverkehrs erwiesen haben! Wohl weil wir Sachsen so gern in der Welt umherziehen, bringen wir oft zu wenig Verständnis für die Schätze unseres engeren Vaterlandes auf und lassen die Zähigkeit vermissen, mit der etwa die Bürger von Rothenburg oder Dinkelsbühl die Schönheit ihrer Städte erhielten, obwohl man dafür in früheren, angeblich „aufgeklärten“ Zeiten nur Spott übrig hatte. Man möchte aus dem kleinsten Landstädtchen um jeden Preis eine Großstadtimitation machen, um dann enttäuscht festzustellen, daß der Fremdenverkehr solche Surrogate nicht mag und sich dorthin wendet, wo ihm unverfälschte, wohlbewahrte Kultur und Natur geboten wird. Wir vom Heimatschutz können im Sinne unserer Bewegung nur wirken, wenn wir selbst die am meisten gefährdeten Gegenden unseres Landes aufsuchen und die Bevölkerung dort immer wieder darüber aufklären, warum wir kommen, was wir suchen - geben wir durch unseren Besuch der Bevölkerung einen wirtschaftlichen Rückhalt, dann werden wir sie auch leichter dafür gewinnen, sich der wirklichen Werte ihres Städtchens oder Dörfchens bewußt zu werben und sich für deren Erhaltung
einzusetzen. Solange die tatkräftige Mitwirkung weiter Kreise unserer Bewegung fehlt, kämpfen die Heimatfreunde in den bedrohten Gebieten einen aussichtslosen Kampf. Da wir im Muldental noch vieles Gute zu erhalten haben, aber nur durch unser Erscheinen dort aktiven Heimatschutz betreiben können, habe ich diese allgemeinen Bemerkungen vorausgeschickt. Nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Muldental kann ich geben, der im Verein mit den Ausführungen W. Bachmanns über die Rochsburg, die vor einiger Zeit in diesen Mitteilungen erschienen sind, zeigen soll, was das Burgenland an Schönheiten birgt.
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