Rochlitz - Der Marktplatz

Wohl selten hat ein Marktplatz eine solche Eigenart in seiner langgestreckten Anlage wie der von Rochlitz. So wie er vor ca. 1000 Jahren abgesteckt wurde, hat er seine Form, wenn sich sein Antlitz in diesem Zeitraum auch oft verändert hat, erhalten.

Viele Stadtbrände verschlangen die Häuser, die ursprünglich mit dem Giebel zur Straßenseite standen. Solche verheerenden Feuersbrünste suchten Rochlitz z. B. in den Jahren 1632, 1681, 1802 und 1804 heim. Selbst Rathaus und Kunigundenkirche, relativ brandsicher gebaut, wurden von den Flammen nicht verschont und arg in Mitleidenschaft gezogen.

Bei dem furchtbaren Feuer von 1632, welches 207 Häuser niederbrannte, wurde das gesamte Ratsarchiv Opfer des Flammenmeers. Ein unersetzlicher Verlust für die Heimatgeschichtsforschung! Unser heutiges Rathaus entstand 1825/28 an Stelle des aus dem 15. Jahrhundert stammenden und baufälligen gewordenen Gebäudes.

Wenig bekannt ist, daß bis dahin das Rathaus nicht nur Administrationszentrum sondern auch Handelszentrum der Stadt war. Prof. Dr. Pfau erforschte, daß seit dem mittelalter auf dem Rathaus "ständig Tuchmacher, Töpfer, Fleischer, Bäcker, Kürschner, Schuster" und andere ihre Waren feil hielten. Der Marktplatz bildete seit der Stadtgründung im Jahre 995 den "eigentlichen Mittelpunkt des gewerblichen Lebens und Handelns", denn alle Waren mußten hier angeboten und verkauft werden. Die ersten Privatläden in den Häusern von Handel und Gewerbetreibenden entstanden ab 1862 mit der Einführung der Gewerbefreiheit. Neben dieser merkantilen Bedeutung besitzt unser Marktplatz noch eine weitere Geschichte. Er war Zeuge vieler historischer und spektakulärer Ereignisse. Vom Ritterturnier im Mittelalter, dem Durchzug zahlreicher Armeen, der Durchreise geschichtlicher Persönlichkeiten, wie Karl XII. von Schweden 1707, Friedrich II. von Preußen 1761 oder Zar Alexander von Rußland und General Blücher im Jahre 1813, um nur einige aufzuführen.

Er galt als Austragungsort vieler politischer Demonstrationen, so 1848 nach der Erschießung des Demokraten Robert Blum in Wien oder beim Auszug der Freiwilligen zum Barrikadenaufstand nach Dresden 1849, 1918 aus Anlaß der Novemberrevolution bis hin zu den Festumzügen am 1. Mai jeden Jahres in der ehemaligen DDR, und schließlich zu friedlichen Demonstrationen 1989/90 für die Veränderung der politischen Verhältnisse im Ostteil Deutschlands.