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Rochlitz und seine Stadtmauern
Rochlitz hatte schon früh eine Befestigungsanlage. Anlaß waren sicher Fehden verschiedener Grafen und fremde Einfälle in das meißnische Land, deren Kriegs und Raubzüge bis ins Muldental führten. Konnte die Burg nicht. eingenommen werden, hielt man sich an die Stadt. Heute gibt es von der einstigen Stadtbefestigung nur noch kaum beachtete Reste.
Ursprünglich handelte es sich bei einer Stadtmauer um Erdwälle, Gräben, Palisaden und Zäune. Ob die ganze Stadt, die nur aus dem heute vorhandenen Stadtkern bestand, damit umgeben war, ist fraglich. Nach Prof. Pfau sollen die Zäune noch im 17. Jahrhundert vorhanden gewesen sein. Die Stadtmauer von 1288, die äußere Stadtmauer, verband die Burg und die Stadt, sie musste 1367 auf Befehl des Landesherren innerhalb von 6 Jahren gebaut werden. Die Landesherren versprachen während dieser Zeit Steuervergünstigungen, also weniger Abgaben der Stadt in die Landeskasse. Dafür gab es Aufträge. Steine mußten gebrochen und vom Steinbruch hinter der Schloßaue zur Stadt gefahren werden. Maurermeister konnten Bruchsteinsetzer, und Hilfskräfte beschäftigen... Konjunktur in Rochlitz.
Andere Städte besaßen schon vor 1367 solche kostspieligen Anlagen. Vielleicht hielten sie das aufblühende Rochlitz mit Handwerk und Handel als ökonomische Basis für den Grafensitz als besonders schützenswert. Für die Bürgerschaft war das eine große Belastung, wenn auch für einige dieser mittelalterliche "Rüstungsauftrag" sein Gutes hatte.
In einem Gerichtspachtbrief von 1464, so Prof. Pfau, habe man an der Nordseite der Stadt schon von einer "neuen" und einer . alten" Mauer gesprochen. Die alte Mauer zog sich stadtseitig an der heutigen Gärtnerstraße unmittelbar hinter den Häuserfronten entlang, während die neue Mauer wenige Meter nördlich der Gärtnerstraße verlief, die damals "Breitegasse" genannt wurde. Nördlich der Stadtmauer lag fruchtbares Ackerland. Erst seit 100 Jahren ist es bebaut. Heute stehen dort die Sparkasse, Häuser der Bismarck? und Poststraße. Sinnvoller wäre letztere in "An der Stadtmauer' umbenannt worden.
Die Mauer begann etwa am Unterschloß, ging zum Sauberg und führte - von heute betrachtet, etwas in Zentrumsrichtung eingerückt, entlang der Poststraße und Lindenstraße. Das Flurstück des Postgebäudes lag noch außerhalb der Befestigung. Der weitere Verlauf ist bis etwa zum Krankenhaus nachvollziehbar. Ab hier verlieren sich die Spuren unserer Befestigung, lassen sich über ihren weiteren Verlauf nur Vermutungen anstellen. Sicherlich fand sie Anbindung an die Muldenbrücke wobei sie hinter dem Hospital entlang führte und auch die Dresdner Straße mit in die Stadt einschloss. Möglich wäre auch, das dieser Teil nie bestanden hat. Es fehlen für jedwelche Vermutungen die Quellen und Funde.
Ein Mauerverlauf der südlichen äußeren Stadtmauer erübrigt sich, da hier die natürlichen Bedingungen, der Fluß und die ebene Uferterasse genügend Schutz brachten. An dieser Stelle nahm die innere Stadtmauer ihre Funktion wahr. Sie bildete einen geschlossenen Ring um die Stadtanlage und verlief oberhalb der Fischergass bis zum Schulberg und darüberhinaus durch das nach Süden zur Mulde abfallende Gelände der ehemaligen Brauerei Härtwig. Weiter westlich traf sie am Badergäßchen auf das Badertor und verlief weiter in Richtung Nordwest zur Hohen Gasse und dem Obertor in der Burgstraße. Ihr weiterer Zug ging nördlich entlang der Wall-und Zwingergasse und östlich bis hin zur ehemaligen Butterpforte, einem Zugangstor in das Stadtzentrum an der heutigen Marktgasse. Die innere Ringmauer bindet nach ziemlich geraden Weiterverlauf an die Pabstporte an und befände sich heute, etwa in der Mitte des ersten Abschnittes der Bahnhofstraße und der Kreuzung Gärtnerstraße. Der weitere Mauerverlauf in Richtung Osten endet nach einem etwa parallel der Gärtnerstraße verlaufenden Teilstück am Untertor. Somit ist die Stadtmauer geschlossen.
Ihre Mächtigkeit war etwa 80 -120 cm und hatte etwa 6 Meter Höhe. An der inneren Seite gab es einen überdachten Wehrgang und in regelmäßigen Abständen nach außen vorspringende Türme. Der Rest eines solchen Turmes ist auf der Südseite vorhanden. Die Mauer mit ihren Türmen war nicht nur wegen der Schutzfunktion für die Stadt von Bedeutung, sie waren auch Symbole für die städtische Ordnung. Sie bedeutete bessere wirtschaftliche und soziale Qualität und eine Sonderstellung gegenüber dem Land. Deshalb führt Rochlitz wie viele Städte, die Stadtmauer und den Turm im Wappen.
Aus alten Akten ist ersichtlich, das die Stadtmauer ständig ein Sorgenkind der Stadt war. Mitunter fielen große Teile derselben ein, andere drohten zu stürzrn; die Unterhaltung kostete fast jedes Jahr Geld. Nachdem die militärische Bedeutung der Mauer verlorenging, verlor sich auch das Interesse der Stadt an der Erhaltung. Einen großen Schutz konnte die Mauer nicht gewähren. Viele Leute sind bestraft worden, die des Nachts darüber gestiegen waren. Bereits im 17. Jahrhundert hatten angesehene Bürger der Stadt gegen eine Abfindungssumme die Erlaubnis bekommen, eine Tür durch die Mauer zu brechen, um die dahinterliegenden Gärten besser erreichen zu können. Später legte man solche Türen auch an, um mit den Wasserspritzen der Feuerwehr an die Hintergebäude zu gelangen.
Ab 1829 gab die Kommune dafür nichts mehr aus. Als Grundstücksbegrenzung und willkommenes Baumaterial beendete sie ihr Dasein. Letzte erhaltene Reste der Mauer finden sich an verschiedenen Stellen in der Stadt. Der verfallene Turm oberhalb der Uferstraße erinnert zudem als eiziger seiner Art an die vergangene Existenz der Mauer.
Nach einem Plan von 1720 kann man den Stadtmauerverlauf rekonstruieren. Udo Baumbach übertrug ihn in seinem Buch über die "Geschichte der Rochlitzer Straßennamen" auf einen jüngeren Stadtplan.
Auch die Bedeutung der Stadttore und Pforten soll kurz betrachtet werden. Wo heute die Gärtner? in die Leipziger Straße einmündet, befand sich das "Grimmaische Tor". Dort führte die Fernstraße über Grimma nach Leipzig vorbei. Schon 1442 wird es erwähnt. 200 Jahre später wurde es im Dreißigjährigen Krieg zerstört, wie erhebliche Teile der Stadtmauer auch. Außer diesem Tore führten zwei weitere in die Stadt, das "Obertor" und das "Untertor" das Obertor etwa in der Mitte der heutigen Burgstraße, es erlebte und litt mehrfach unter Stadtbränden (z.B.1632, 1802), das steinerne Unterteil zerfiel und wurde 1802 abgetragen. Dagegen blieb das um 1370 erbaute Untertor am östlichen Stadtausgang bis 1851 stehen. Dann ersteigerte es der Maurergeselle Krebs für 26 Taler zum Abriß. Mit dem Tor verschwand ein Verkehrshindernis. Etwa zu gleicher Zeit verschwanden auch die drei Nebentore, die aus kräftigen Holztüren bestanden: am Baderberg, das Badertor, an der Löwen- oder Marktgasse das Buttertor und in der Bahnhofstraße die Pabstporte.
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